Druckversion

16. Dez. 2021
Autor(in): Master School Drehbuch

SABINE POCHHAMMER

Sabine Pochhammer war bereits von 2000 bis 2005 Tutorin des Stoffentwicklungsprogramms STEP BY STEP. Als Autorin schrieb sie u.a. den Schweizer Erfolgsfilm DIE HERBSTZEITLOSEN (2006) und war Co-Autorin bei der Adaption von Charlotte Roches Roman FEUCHTGEBIETE (2013). Als Dramaturgin beriet sie zahlreiche preisgekrönte Projekte. Zurzeit ist sie Development Producerin des Writers’ Rooms HOW TO BE SAD – THE RIGHT WAY. Die Serie wird von Tellfilm für das Schweizer Fernsehen produziert. Sabine Pochhammer unterrichtet an zahlreichen Filmhochschulen und Filmschulen. An der MSD leitet sie gemeinsam mit Gunther Eschke das DREHBUCH.lab. Sabine Pochhammer lebt in Berlin.

Du bist seit den 90er Jahren eine erfolgreiche Stoffentwicklerin. Hat sich Dramaturgie seitdem verändert?

In den 90er Jahren schien die 3-Akt-Struktur so etwas wie die allein selig machende Strukturformel zu sein, wenngleich es daneben auch andere Ansätze gab. Nach der Jahrtausendwende wurden offenere Dramaturgieansätze entwickelt, die als New School bezeichnet werden.
Eine enorm große Umwälzung hat aber vor allem im Serienbereich durch die Streaming-Dienste stattgefunden. Komplexes horizontales Erzählen wurde möglich. Experimentellere Erzählformen und Inhalte konnten ausprobiert und thematisiert werden. Bei den Inhalten ist das auch immer noch so, aber erzählerisch scheint auch dort wieder eine Art Regelhaftigkeit einzuziehen, mitsamt einer bestimmten geforderten Dramaturgie.

Bei HOW TO BE SAD bist Du als Development Producerin tätig. Was bedeutet dieser Begriff und was unterscheidet ihn z.B. von „dramaturgischer Beratung“?

Bei der dramaturgischen Beratung, auch wenn sie projektbegleitend ist, ist man immer nur punktuell an der Entwicklung des Buches beteiligt, man liest die jeweils neue Fassung und gibt Feedback. Als Development Producerin bin ich dagegen mit im Writers‘ Room – nicht die ganze Zeit, aber in entscheidenden Phasen. Die Aufgaben, die zu übernehmen sind, können je nach Zusammensetzung des Writers‘ Room unterschiedlich sein, abhängig davon, wie erfahren die Autor:innen beziehungsweise der oder die Headautor:in ist.

Gibt es eine erste Frage, mit der Du an einen Filmstoff oder ein Serienkonzept herantrittst?

Es gibt mehre Fragen, die für mich wichtig sind: Ist der Stoff originell oder zumindest originell erzählt? Hat er Potential, die Zuschauer:innen zu interessieren und emotional mitzunehmen? Wie kann er noch besser, zugespitzter und interessanter oder berührender werden?

Du kennst die MSD schon von Anfang an, seit 25 Jahren. Wie siehst Du die Schule früher und heute?

Für mich persönlich ist die Arbeit eigentlich ähnlich, zumindest vom Format her. Bei „Step by Step“ haben wir damals in Gruppen mit drei Autor:innen die Projekte entwickelt. Von den 15 Projekten, die ich den fünf Jahren betreut habe, wurden sieben verfilmt. Heute leiten Gunther Eschke und ich mit dem „DREHBUCH.lab“ ein vergleichbares Programm. Ich empfand es damals und empfinde es auch heute als ideales Setting, um ein Drehbuch zu entwickeln. Die Autor:innen bekommen begleitendes Feedback und wohlwollende Hilfestellung. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Fortschritte sie in kurzer Zeit machen.

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche? 

Die Möglichkeiten, die sich Newcomern bieten, waren, aufgrund der vielen Serien, die im Moment entwickelt werden, nie besser als heute. Man kann einfach mal anklopfen bei einer Serie, die einem gefällt. Ansonsten dranbleiben, als Spec script nur etwas wirklich Gutes vorzeigen, und – das Wichtigste – Kritik nie nie nie persönlich nehmen.

 

JÖRG SCHEDLINSKI

Jörg Schedlinski schrieb zahlreiche Kurzgeschichten, während er in einem malerischen Industriegebiet für eine Software-Firma arbeitete. Seine Texte konnte man u.a. im Satiremagazin Titanic lesen oder auf Poetry Slams hören. In den eLearning-Kursen der MSD entwickelte er sein Treatment SCHLORCK, das 2017 Talentförderung der niedersächsischen nordmedia erhielt und mittlerweile als Drehbuch vorliegt. 2020 besuchte er die die Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV. Seitdem arbeitet er, ebenfalls mit Unterstützung der nordmedia, an DOPPELKOPF, einer trockenen Komödie über Freundschaft, Provinz und Schnittchen. Jörg Schedlinski liebt Sneak-Previews. Allein deshalb ist er schon jeden zweiten Montag im Kino seines Vertrauens anzutreffen. 

Wann und wie hast Du Deine Liebe zu Geschichten und insbesondere zur Drehbucharbeit entdeckt?

Die Liebe zu Geschichten begann schon mit dem wöchentlichen Studium der Micky Maus. Bei den Drehbüchern war es der Kauf einer Monty Python DVD Box, die das Drehbuch zu Ritter der Kokosnuss enthielt. Es hat zwar noch gedauert, bis ich selbst versucht habe, ein Drehbuch zu schreiben, aber damit fing es an.    

Du warst im letzten Jahr Teilnehmer der Ausbildung zur Autor:in für Film & TV. Welches Erlebnis hat Dich dabei besonders geprägt.

Nur eins ? Vom Schreiben der Daily-Folgen bei Joachim Friedmann bis hin zum Abschlusspitch könnte ich viele nennen. Einigen wir uns auf zwei: Als wir das Drehbuch von 25KM/H analysiert hatten und am nächsten Tag, völlig überraschend, Autor Oliver Ziegenbalg vorbeischaute, um unsere Fragen zu Buch und Film zu beantworten.
Ebenso der Tag, als professionelle Schauspieler:innen Szenen aus unseren Stoffen gespielt haben. Meine Szene aus DOPPELKOPF hatte ich erst wenige Tage vorher geschrieben. Und dann machen da vorne zwei Profis das Ganze auf so eine tolle Art lebendig. Ein Gänsehautmoment.      

Wovon warst Du bei Deinem Einstieg in die Branche überrascht?

Von der freundlichen und offenen Kommunikation, insbesondere bei der jeweils ersten Kontaktaufnahme.

Was ist das Schönste und was das Schwierigste beim Drehbuchschreiben?

Das Schönste ist für mich, wenn es an die Dialoge in der ersten Drehbuchfassung geht. Ein Exposé finde ich da immer schwieriger. Außerdem freue ich mich schon während des Schreibens auf den Moment, wenn die erste Drehbuchfassung fertig ist und ich mir den allerersten Entwurf der Geschichte, vielleicht auch nur den ersten Notizzettel, noch einmal durchlese, um zu sehen, was sich daraus entwickelt hat. Schwierig ist und bleibt natürlich, Lieblingsszenen oder Figuren wieder entfernen zu müssen.      

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche?

„Weiter, immer weiter“ (frei nach Oliver Kahn). Rückschläge einkalkulieren und Feedback annehmen. Parallel kann ich empfehlen, auch mal einen Stoff mit mehreren Autor:innen zu entwickeln. Schon im 2er-Team erhält man ganz neue Perspektiven und Herangehensweisen.          

Was wünschst Du Dir für Deine berufliche Zukunft?

Im Writers’ Room einer Serie mitzuarbeiten, um den Anteil des derzeit unterrepräsentierten niedersächsischen Humors in der deutschen TV & Filmlandschaft zu erhöhen.
Parallel dürften gerne meine eigenen Stoffe produziert werden. Ob 90-Minüter oder Mini-Serie, Kino, TV oder Stream. Kurzum, dass ich vor lauter Aufträgen und Anfragen gar nicht mehr weiß, was und für wen ich zuerst oder zuletzt schreiben soll.

 

 



Quelle: http://www.masterschool.de/unternehmen/interviews/2021-12-16/dozentinnen-und-absolventinnen-stellen-sich-vor
 
Kontakt über:
Master School Drehbuch e.K. | Wartenburgstr. 1 B | D- 10963 Berlin
Tel. +49-(0)30-325 38 355 - montags bis freitags von 09.00 bis 17.00 Uhr
 
E-Mail: info@masterschool.de