Dozent/innen und Absolvent/innen stellen sich vor.

Autor(in): 
Master School Drehbuch

SABINE WUCYNA

Die Theaterwissenschaftlerin Sabine Wucyna hat mehr als 15 Jahre für verschiedene Opernhäuser und Orchester wie die Komische Oper Berlin, die Kölner Oper oder das Deutsche Kammerorchester Berlin als Produktionsleiterin, Betriebsdirektorin und Projektmanagerin gearbeitet.
Seit 2008 befasst sie sich mit Dramaturgie und Drehbuchschreiben. An der MSD führt sie als Dramaturgin Stoffberatungen durch. Gemeinsam mit Eva-Maria Fahmüller unterrichtet sie die Master School Drehbuch Online Level A. Seit 2016 organisiert sie außerdem den Seminarbereich der MSD.

Du kommst aus der Welt der Oper und der Musik. Wann und wie hast Du Deine Liebe zum Film und insbesondere zum Drehbuch entdeckt?

Das lief parallel. Ich habe schon meine Magisterarbeit über den Tanz in Chaplins Filmen geschrieben. Ich konnte mich nie für nur eine Kunstform entscheiden. Was ich besonders faszinierend finde ist, dass der Film – noch mehr als das Theater – in Bildern erzählt. Ich habe ja auch Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft studiert. Da erschien mir dann irgendwann der Schritt von der Sprache zurück zum Bild nur folgerichtig.

Seit vielen Jahren organisierst Du das Seminarprogramm der MSD. Was zeichnet einen guten Drehbuchkurs aus und wie kann er gelingen?

Wichtig ist in meinen Augen, dass die Kurse immer einen aktuellen und konkreten Praxisbezug haben und auf die Entwicklungen der Filmbranche (in Deutschland) Bezug nehmen. Sie sollen ja die Autor*innen „fit“ für den Markt machen. Unsere Dozent*innen bewundere ich dafür, dass es ihnen immer wieder gelingt jede*n Teilnehmer*in dort abzuholen, wo er/sie gerade steht und trotzdem die Kursinhalte für alle gleichermaßen spannend aufzubereiten. 

Was macht Dir an Deiner Arbeit am meisten Freude?

Neben der vorbereitenden Analyse eines Stoffes besonders das intensive und konzentrierte Arbeitsgespräch mit der Autorin/dem Autor, in dem man tief in die Geschichte eintauchen und sich auch auf Details einlassen kann.

Lassen sich Elemente von Deiner Arbeit als Kulturmanagerin auf den Stoffentwicklungsprozess übertragen?

Als Kulturmanagerin arbeite ich neben inhaltlichen Entscheidungen, die zu treffen sind, vor allem organisatorisch. Ich bin ein Fan strukturierten Arbeitens: auch ein Stoff muss gut organisiert sein, damit er später wirken kann. Das ist wahrscheinlich noch ein Grund, warum es mich irgendwann zum Film und zum Drehbuch gezogen hat: das dramaturgische Regelwerk, das ich weniger als Korsett, sondern vielmehr als Skelett betrachte und das der Geschichte sehr viel strukturellen Halt geben kann. Was nicht heißen soll, dass man sich immer sklavisch daran halten muss.

Gibt es eine erste Frage, mit der Du an einen Filmstoff oder ein Serienkonzept herantrittst? 

Für mich muss zunächst die Erzählabsicht des Autors/der Autorin klar werden. Das klingt vielleicht banal, ist je nach Stadium des Stoffes aber nicht immer selbstverständlich. Das ist ein spannender Prozess, die Motivation und den inneren Motor einer Geschichte freizulegen. Danach kann man sich dann ganz anders den Figuren widmen und untersuchen, wie sie stimmig erzählt werden können, um dieser Intention zu dienen.

In der MSD Online Level A triffst Du als Dozentin überwiegend auf Quereinsteiger. Welchen Gedanken möchtest Du Menschen mit einer ersten Drehbuchidee mitgeben?

Anschließend an die vorherige Frage vielleicht zunächst die Anregung zu hinterfragen, warum man die Geschichte gerne als Film erzählen und was man anderen Menschen mit ihr auf den Weg geben möchte. Aber dann sollte man auch schon bald mit dem Schreiben beginnen und sich nicht zulange alleine mit der Lektüre von Ratgebern und Theoriebüchern aufhalten. Also: „Learning by doing!“ Leichter fällt das meiner Erfahrung nach, wenn man sich dabei mit Rat und Feedback begleiten lässt. So gerät man nicht so schnell in Sackgassen oder findet schnell wieder heraus. Und jedem sollte bewusst sein, dass das Schreiben eines Drehbuchs immer auch bedeutet zu verwerfen und neu zu schreiben. Soviel ich weiß, ist noch kein Drehbuch in seiner ersten Fassung verfilmt worden. Es gehört also Ausdauer und Zähigkeit dazu, ein Drehbuch zu schreiben und zu verkaufen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, sollte loslegen!

 

TAMARA MILOSEVIC

Von 2001 bis 2005 studierte Tamara Milošević Regie mit Schwerpunkt Dokumentarfilm an der FA Baden Württemberg. Ihre Filme gewannen zahlreiche Preise. Darin beleuchtet sie oft gesellschaftliche Randbereiche, so auch in ihrem Abschlussfilm ZUR FALSCHEN ZEIT AM FALSCHEN ORT (D 2005) über den Mord an Marinus Schöbel durch drei rechtsradikale Jugendliche. 2019 durchlief sie mehrere Seminare der Master School Drehbuch Online. 2020 erschien ihr Dokumentarfilm SYSTEMRELEVANT über die Covid-Task Force an einem Schweizer Spital.

Du bist eine erfahrene und preisgekrönte Dokumentarfilmerin. Inwiefern können Dich Seminare an der MSD noch weiterbringen?

Dokumentarfilme drehen ist ein Handwerk, Drehbücher schreiben ein anderes, insofern profitiere ich sehr von den Seminaren an der MSD. Neben dem Erwerb von dramaturgischem Knowhow hat es mir geholfen analytischer, systematischer und strukturierter zu denken. In den Kursen findet ein sehr intensiver Austausch mit dem Dozenten und den anderen Kursteilnehmern statt. – Man bekommt sofortiges Feedback aus unterschiedlichen Perspektiven, das unterstützend und inspirierend ist. Interessant für mich ist auch zu entdecken, was der Dokumentarfilm vom Spielfilm lernen kann und wie ich mich am Baukasten der Spielfilmdramaturgie bedienen kann.

Wie findest Du Deine Themen? Ab wann weißt Du: Diese Geschichte muss ein Film werden?

Durch meine bisherigen Arbeiten zieht sich ein roter Faden: Sie widmen sich brisanten und medial, aktuellen Themen. Oft sind es keine einfachen, heiteren Geschichten. Meine Recherchen sind oftmals schwierig und langwierig und verlangen einiges von mir ab. Manchmal wird aus der ursprünglichen Idee kein Film, dafür bekomme ich etwas anderes. Ich mache dann bei meinen Recherchen überraschende Entdeckungen. Diese Zufälle werden, trotz Umgang mit dem Schweren, dann doch zu glücklichen Zufällen. 

Wie wichtig sind Dir in welcher Phase dramaturgische Überlegungen bei einem Projekt?

In der Stoffentwicklung, vor allem aber im Schnitt, stehen dramaturgische Überlegungen an erster Stelle. Dokumentarfilme entstehen im Schnitt. Das Rohmaterial muss analysiert, destilliert, strukturiert und bewegt werden. Dabei stelle ich mir die Fragen: Wie kann ich mit meinem Material, mitreißend erzählen, was ich ans Tageslicht gebracht habe? Wie können Konflikte verstärkt und Spannung erzeugt und gesteigert werden? Wie kann ich Gedanken und Gefühle der Zuschauer führen? 

Hast Du den Eindruck, dass sich die Dokumentarfilmbranche in den letzten Jahren verändert hat?

In den letzten Jahren haben Streamingplattformen den Dokumentarfilm aus der Nische gezogen und einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Besonders dokumentarische Serien boomen und sind in aller Munde. Das zeigt, dass ein Interesse bzw. eine große Resonanz seitens der Zuschauer da ist. Während im Kino Zielgruppen wegbrechen, im Fernsehen Autorendokumentarfilme nur vereinzelt zu sehen sind, öffnen Streamingdienste international neue Türen. Wir befinden uns in Zeiten des Umbruchs, auch des medialen Umbruchs, und es ist gut zu wissen, dass es eine Wertschätzung für das dokumentarische Genre gibt. Für eine offene demokratische Gesellschaft ist das Dokumentarfilmgenre wichtig, weil Fragen gestellt werden, Debatten ausgelöst und angetrieben werden und die Zuschauer zum Nachdenken animiert werden.

Inwiefern hast Du bei aktuellen Projekten mit Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen?

Die Corona Pandemie verlangt vieles von uns ab. Ich versuche positiv zu bleiben. Dokumentarfilme zu drehen ist sowieso ein Stück weit unberechenbar, in inhaltlicher wie auch finanzieller Hinsicht. 2020 hatte ich Glück. Ich konnte an der Universitätsklinik in Bern während und nach dem Lockdown einen Film drehen. Ansonsten ist mein Motto: MACHEN! WEITERMACHEN! unter den Bedingungen, die möglich sind. Es liegt an mir, neue Wege zu suchen und zu finden.

Woran arbeitest Du gerade? Und was wünschst Du Dir für Deinen nächsten Film?

2021 nutze ich, um mich weiterzubilden. Ich habe ein Stipendium erhalten und mache eine Weiterbildung als Creative Producer. Zurzeit produziere ich einen Kurzfilm in Zusammenarbeit mit einem Nachwuchsregisseur. Auch werde ich weitere Kurse an der MSD belegen. Mein derzeitiges Filmprojekt „Nathalie“, steckt mitten in der Finanzierung. Gerne würde ich 2021 beginnen zu drehen. Besonders für dieses Projekt wünsche ich mir den Luxus, große künstlerische Freiheit zu haben d.h. ein ausreichendes Budget, um Ideen auszuprobieren, aber auch um Irrtümer begehen zu dürfen. Ich bin gespannt, was kommt!