Dozent:innen und Absolvent:innen stellen sich vor

Autor(in): 
Master School Drehbuch

CARSTEN SCHNEIDER

Carsten Schneider schrieb seine Magisterarbeit über Spannungsdramaturgien im Spielfilm. Seit 2000 arbeitet er als freier Dramaturg und befasst sich intensiv mit den emotionalen Erzählstrategien unterschiedlichster Genres, vom Liebesfilm bis zu Mystery. Er unterrichtete Drehbuchschreiben an der FU Berlin sowie den Universitäten Bonn und Konstanz und lehrt Drehbuch- und Filmanalyse an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. An der MSD unterrichtet er seit Beginn der Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV die Genres Krimi und Komödie.

Du arbeitest seit vielen Jahren als Dozent. Was macht in Deinen Augen ein gutes Seminar aus?

Wenn der dramaturgische Funke überspringt, die Fantasie triggert und erarbeitetes Seminarwissen sogleich praktisch – im Unterricht, in Übungen und zu Hause beim Schreiben – angewandt wird, um die eigenen Filmstoffe noch besser zu erzählen.

Warum braucht es Genre-Unterricht?

Im erweiterten Genre-Verständnis stehen Genres für Emotionen. Wer eine Komödie schaut, will Anlass zum Lachen haben. Wer einen Krimi oder Thriller sieht, möchte in Spannung versetzt werden. Und das Publikum eines Melodrams will zu Tränen gerührt werden. Dramaturgisch nicht einfach, wenn die Empathie-Figur selbst – Kitsch-Gefahr – nicht weinen soll. Dazu ist es hilfreich, die dramaturgischen ‚Handwerkzeuge‘ zu kennen, mit denen sich Publikumsaffekte lenken lassen.

Wie hat sich die Dramaturgie in den letzten Jahren verändert?

Durch die Streaming-Anbieter hat sich die Bandbreite der Figurendramaturgie und der möglichen Erzählperspektiven erweitert. Z.B. ist der ‚Antagonist als Protagonist‘ mittlerweile besonders in Streaming-Produktionen eine etablierte Erzählweise. War eine zentrale Empathie-Figur wie Travis Bickle in TAXI DRIVER zu seiner Zeit noch Avantgarde, ist heute der Amok laufende Arthur Fleck die Protagonisten-Figur in einem Mainstream-Hollywood-Film, in JOKER.

Wie schätzt Du die Situation des deutschen Kinofilms aktuell ein? Gibt es etwas, das Dir fehlt?

Meist dominieren Komödien die deutsche Kinofilmproduktion. Es fehlen Projekte auch anderer interessanter Genres, die dramaturgisch so gebaut sind, dass sie trotz der im internationalen Vergleich meist geringeren deutschen Budgets überzeugend realisierbar sind wie z.B. der dänische Kammerspiel-Thriller THE GUILTY, der amerikanische Mystery-Horror-Film HEREDITARY oder der amerikanische Desktop-Krimi SEARCHING.

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche?

Vielleicht nicht einen ultimativen Tipp: Arbeitet den besten eigenen Filmstoff zu einem kompletten Spec Script aus. Sammelt überzeugendes, konstruktives Feedback, lernt an anderen Drehbüchern und Filmen, schärft Thema, Figuren, Handlung, Struktur sowie Szenen und Dialog. Sammelt erneut überzeugendes, konstruktives Feedback, überarbeitet das Spec Script usw., bis es schließlich das eigene Talent spiegelt. Bei Bewerbungen mit Stoffideen zu bestehenden Formaten benutzt die besten Teile des Spec Scripts als kurze Arbeitsproben.

Was wünschst Du Dir selbst für Deine berufliche Zukunft?

Weiterhin dramaturgisch auf allen Ebenen des Drehbuchschreibens – von der Stoff- und Figuren-Entwicklung bis zum Dialog-Polish – sowie in der Schnittberatung während der Postproduktion kreativ zu helfen, gute Filmstoffe noch besser zu erzählen.

 

MORITZ BECHERER

Moritz Becherer studierte Film an der Kunsthochschule Kassel. Bei seinem Langfilm-Debüt HALT!LOS! schrieb er das Drehbuch, führte Regie und gründete eine eigene Produktionsfirma. Die Premiere fand 2017 auf dem Lichter Filmfest statt. 2021 nahm Moritz Becherer an der der Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV teil. In seiner Firma Planet 9 Pictures mit Sitz in Frankfurt a.M. arbeitet er u.a. mit weiteren Absolvent:innen der MSD zusammen. Für seinen Serienstoff LUCID erhielt er Förderung der HessenFilm.

Wann und wie hast Du Deine Liebe zu Geschichten und zum Filmemachen entdeckt?

Schon als Kind habe ich mit der Video-Cam meiner Eltern fiktive Werbeclips, Krimi- und Drama-Geschichten gedreht. Freunde und Familie, mussten dann kurzerhand als Schauspieler improvisieren.

Was ist das Schönste und das Schwierigste an Deiner Doppelfunktion als Filmemacher und Produzent? 

Bei der Stoffentwicklung unseres Autor:innen-Teams, kann ich selbst dabei mitwirken, dass unsere Visionen auf dem Weg zu den Dreharbeiten nicht verloren gehen. Die Doppelfunktion ergänzt sich da sehr gut. Bei den Dreharbeiten entscheide ich mich lieber für eine einzige Funktion, damit sich die unterschiedlichen Tätigkeiten nicht im Weg stehen.

Nach welchen Kriterien suchst Du für Planet 9 Pictures Stoffe aus und stellst Teams zusammen? 

Wir freuen uns immer über Bewerbungen von Talenten mit Drehbucherfahrung für unser Team. Diversity ist Grundvoraussetzung bei der Entwicklung unserer Serienstoffe – die vielseitigen Perspektiven machen unsere Serien stark. Das bezieht sich auch auf die weitere Produktion, den Cast und die Crew. Über unser Script-to-Pitch Programm finden wir schnell in eine erste, gemeinsame Zusammenarbeit. So entstehen z.B. sich ergänzende Autor:innen-Teams für kleinere und größere Writers Rooms. Das nächste Programm steht schon in den Startlöchern.

Du warst im letzten Jahr Teilnehmer der Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV. Welches Erlebnis hat Dich dabei besonders geprägt?

Das Besondere dieses Ausbildungsjahrgangs lag wohl darin, dass alles Corona-bedingt komplett im Zoom stattfinden musste. Überraschender Weise war das Teamwork aber trotz fehlender Live-Begegnungen sehr gut. Mit vielen Teilnehmern stehe ich live und per Zoom noch immer in Kontakt. Das hybride Arbeiten werden wir auch zukünftig beibehalten.

Du setzt Dich aktiv für den Filmstandort Hessen ein. Warum ist das für Dich wichtig?

In erster Linie setze ich mich für unsere Serienstoffe ein, die international ausgerichtet sind. Darüber hinaus ist die Infrastruktur im Raum Frankfurt sehr gut. Viele Motive sind im Vergleich zu Berlin & München „unverbraucht“. Die aktuelle Filmförderung in Hessen unterstützt gezielt den Nachwuchs, damit Filmschaffende nach ihrer Ausbildung nicht abwandern. Die Kreativen brauchen wir für unsere Teams auch hier vor Ort. Deshalb setze ich mich nachhaltig dafür ein, dass Serienprojekte mit Nachwuchstalenten und Profis aus Hessen heraus realisiert werden können.

Was wünscht Du Dir für Deine berufliche Zukunft?

Ich freue mich schon auf unsere nächste Serienpremiere!