Dozent:innen und Absolvent:innen stellen sich vor

Autor(in): 
Master School Drehbuch

BRIGITTA MANTHEY

Brigitta Manthey studierte in Berlin und den USA Amerikanische Literatur und Theaterwissenschaften. Von 1995 bis 2021 war sie Referentin für Filmförderung des Medienboard Berlin-Brandenburg. Sie hat unzählige Filmprojekte in allen Entwicklungsstadien evaluiert und bis zur Premiere betreut. Einer ihrer Schwerpunkte waren deutsche Filmprojekte in Koproduktion mit Osteuropa. An der MSD führt sie seit gut zehn Jahren Teilnehmer:innen in die deutsche und europäische Filmförderung und den Kinofilmmarkt ein. Zurzeit arbeitet sie freiberuflich als Script-Consultant und Beraterin für Filmprojekte in Entwicklung.

Seit mehr als 25 Jahren bist Du mit Kinofilmen befasst. Erzähl uns, wie Du zum Film gekommen und vor allem, warum Du dabei geblieben bist. 

Frühe Weckruf-Momente waren etwa, dass ich mein damaliges Taschengeld für alle Ingmar Bergmann Filme verwendete oder meine Mitwirkung an studentischen Filmproduktionen während meines USA-Studiums. Den beruflichen Einstieg bot mir eine Senderhospitanz. Die Filmförderung eröffnete mir dann auch die geschäftliche Seite des Films. Die Faszination über das immer einzigartige Zustandekommen einer Filmproduktion, die regelmäßig wahrnehmbaren Pulsschläge in Projekt-Gesprächen, die vielen Ideen und angehenden Filmthemen ließen mich auch nach ausgedehnten Arbeitsstunden nicht mehr los.

Wann und warum gefällt Dir ein Film? 

Mich berührt ein Film, der den Moment erwischt, auf den ich nicht vorbereitet bin oder als Erfahrung zurückgreifen kann. Oder wenn es einem Film gelingt, dass ich mich plötzlich in der Ausnahmeperspektive eines Serienkillers wiederfinde (THE KILLER INSIDE ME). Manchmal überträgt sich auch das Gefühl, dass ein Thema von allen Beteiligten tief erschlossen wurde. Oft ist es das Neue, an einer Filmgeschichte oder an einem Film, der natürlich auch gut gemacht sein muss.

Du kennst die MSD seit ihrer Gründung 1995. Wie siehst Du die Schule früher und heute?

In den 90ern waren die Filmschaffenden auf dem Sprung. Sie waren bereit, sich von dramaturgischen Zufallsregeln in vielen kursierenden Drehbüchern freizuschwimmen. Die MSD war damals Vorreiter, auch ich verdanke ihr mein dramaturgisches Fundament. Seit den Anfängen hat sich natürlich sehr viel getan. Jetzt gibt es die tollen Ausbildungen mit Branchenzuschnitt. Nicht nur der bereitgestellte Erfahrungsraum für angehende Autor:innen, sondern auch das konkrete Vernetzen der MSD mit der Branche erscheint mir sehr wertvoll. 

Hat sich seit dem Aufkommen von Streaming auch die Dramaturgie von Kinofilmen verändert?

Streaming hat den Kinofilm ein Stück weit entfesselt. Zunehmend mehr Kinofilme zeigen sich thematisch und in ihrer stilistischen Umsetzung wagemutiger und präsenter. Einige warten mit überraschend wechselnden Perspektiven auf, erzählen radikaler und differenzierter, auch individueller, und erlauben sich, noch lustvoller aus der hochkomplexen Wirklichkeit zu schöpfen. Beide zwar auch konkurrierenden Formate befruchten sich faktisch gegenseitig, da die kreativen Freiheiten in Streaminginhalten direkt auf den Kinofilm zurückwirken. Davon unabhängig sehe ich das Erzählen für die große Leinwand weiterhin als eine ungebrochene Herausforderung und bleibe deswegen auch fortgesetzt neugierig.

Hast Du einen ultimativen Tipp für Newcomer zum Einstieg in die Branche? 

Selbst bei einem Kaltstart entscheidet vor allem das Vertrauen in die eigene Person und Idee über den Durchsetzungserfolg. Es bedeutet: sich selbst und die anderen gut zu spüren, die individuelle Motivation nochmals ‚abzuwandern‘, um sich in der Anbietersituation dann authentisch zu erleben, und klar sagen zu können, was man anhand des eigenen Vorhabens mit vielen anderen teilen will. Unter solchen Voraussetzungen sah ich schon Türen sich selbst öffnen. – Die Zeit, mit eigenen Ideen als Newcomer aufzuspringen, könnte derzeit kaum besser sein, denn ein Markt ist da.

Welche Pläne hast Du für die Zukunft?

Meine derzeitige freie Beratungstätigkeit für Filmprojekte in Entwicklung und als Script-Consultant macht mir viel Freude, ich behalte sie bei und setzte sie fort. Daneben habe ich tatsächlich Zukunftspläne, allerdings in einem Betätigungsfeld, das mich noch etwas weiter in eine neue Richtung führt. Ich lerne wieder, bereite mich auf Prüfungen vor und freu mich, wenn ich die Katze dann auch aus dem Sack lassen kann. 

 

MARIO KARNER

Mario Karner studierte Publizistik und absolvierte ein Kolleg für Mediengestaltung. Er arbeitete als Liftboy im Donauturm in Wien und in Stofftier-Verkleidung auf Kindermessen. Seit 2014 schreibt er Drehbücher, so für die Constantin Entertainment und die UFA. 2018 stand sein Spielfilm-Projekt ANDREA THE GIANT im Finale des österreichischen Drehbuchwettbewerbs „If she can see it, she can be it”. Kürzlich stellte Mario Karner seinen ersten Roman fertig, eine Satire mit dem Titel WERTLOS - DAS AUGE IM GLORY HOLE. An der Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV nahm er im Frühjahr 2022 teil.

Erzähl uns, wie Du zum Drehbuchschreiben gekommen bist.

Seitdem ich denken kann, liebe ich Filme und erfinde ich gerne Geschichten – epische Schlachten zwischen „He-Man“ und „Skeletor“, schlecht gekritzelte Comics und Kurzgeschichten. Anfangs erzählte ich aus Freude, dann um der Realität zu entfliehen. Ich war viele Jahre in ärztlicher Behandlung, immer von der Angst begleitet, dass bei der nächsten Untersuchung der befürchtete Tumor gefunden werden würde. Vorsicht Spoiler: Es ging gut aus. 2014 stieß ich auf ein Jobinserat von Constantin Entertainment. Sie suchten einen Autorenpraktikanten. Lustig, dachte ich mir, damit kann man auch Geld verdienen. Ich war darüber überrascht, dass sie mich einstellten. Erst da wurde mir bewusst bzw. bekam ich das Selbstbewusstsein, meine Berufung zum Beruf zu machen.

Du warst vor der Teilnahme an der Ausbildung zum/r Autor:in für Film & TV viele Jahre in ein Autorenteam integriert. Was gab Dir den Anstoß, weiter zu lernen?

Ich belegte zwar im Rahmen meines Studiums einige theoretische und praktische Fächer, die sich mit der Thematik Film auseinandersetzten. Im Zuge meiner Arbeit am Treatment ANDREA THE GIANT durfte ich viel von meiner Dramaturgin Ulrike Schweiger lernen. Auch das Lektorat meines Buches durch Esmir Catic brachte mich weiter, aber eine richtige Ausbildung fehlte mir bislang. Nachdem ich meinen ersten Roman fertig geschrieben hatte, merkte ich bei neuen Texten, dass ich kreativ stagnierte. Da traf es sich gut, dass mir mein Schreibpartner Björn Breithor von der MSD in Berlin erzählte.

Welches Erlebnis in der Ausbildung hat Dich besonders geprägt?

Der Inhalt, aber auch die Menschen, die ich kennenlernen durfte. Die Struktur war bislang meine Schwäche. Durch die intensive Schulung erkenne ich nun schneller Denkfehler, mein Handwerk hat sich stark verbessert. Auch bin ich dankbar, so viele talentierte Kolleg:innen und nette Dozent:innen kennengelernt zu haben. Ich bin ein sehr sozialer Mensch, darum freue ich am meisten über diesen Aspekt der Ausbildung.

Mit welchem Genre oder Format beschäftigst Du Dich am liebsten und warum?

Ich schätze vielschichtige Figuren und verbringe daher viel Zeit mit Charaktergestaltung. Dramen bieten viel Platz, damit sich Figuren entfalten können, ein Grund warum ich mich sehr für High-End-Serien interessiere. Aber ich lache auch gerne. Wenn ich abschalten will, schaue ich mir eine Komödie an. Am liebsten verbinde ich beides. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in Wien aufgewachsen bin, in Wien kann Humor sehr morbide sein. Darum hätte ich gerne, bei meinem Begräbnis ein Kabarettprogramm seitens Josef Hader als Schlussakt.

Wie wichtig ist Humor für Dich und welche Art von Humor zeichnet Dein Schreiben aus?

Spannend finde ich es, über Humor gesellschaftliche Probleme aufzuzeigen. Kapitalismuskritik, die Auseinandersetzung mit Rassismus und das Hinterfragen von geschlechtlichen Rollenbildern durchziehen meine Arbeiten. Zu meinen Lieblingskomödien (Film und Serien) zählen: EXTRAS, THE OFFICE, WHAT WE DO IN THE SHADOW und ganz weit oben: THIS IS SPINAL TAP. Wenn bei SPINAL TAP, sei es nur kurz, nicht dein Mundwinkel nach oben zuckt, dann solltest du dringend zum Arzt – höchstwahrscheinlich bist du tot.

Woran arbeitest Du gerade? Und wie sähe Dein Traumprojekt aus?

Zurzeit arbeite ich an verschiedenen Projekten. Aus ANDREA THE GIANT wird ein Buch, mit vier MSD-Kolleg:innen schreibe ich an zwei neuen Konzepten. Zusätzlich plane ich den Piloten zu der Serie, die innerhalb der Ausbildung entstanden ist (FUNKYTOWN). Leider hat der Tag nur 24 Stunden. Eigentlich ist jedes Projekt, das mich bewegt und zum Schreiben animiert, in dem Moment des Schreibens mein Traumprojekt. Aber zwei große Träume, die ich anvisiere: 1. für eine High-End-Serie in einem Writers’ Room schreiben und 2. ANDREA THE GIANT auf der Leinwand zu sehen.